Libyen – ein zerrissenes Land im Bürgerkrieg

Eine Veranstaltung der Reihe „DonnersTalk im Hochland. Kulturen der Welt“ am 9. Juni 2016 in Pappritz (Hans-und-Sophie-Scholl-Haus)
Die Veranstaltungsreihe „DonnersTalk. Kulturen der Welt“ des Vereins „Willkommen im Hochland e.V.“ steht unter der Schirmherrschaft des Sächsischen Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth, MdL, und wird in Kooperation mit der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung durchgeführt.

Die Tür des Veranstaltungsraumes fällt klackend ins Schloss. Ein junger Libyer hatte den Raum verlassen, als der Satz fiel: “Libyen – diesen Staat hat Gaddafi geschaffen.” Eine leise Diskussion zwischen den anwesenden Libyern des Asylbewerberheims Pappritz war zuvor entbrannt, als der Referent Martin Zickendraht über Muammar al-Gaddafi, den gestürzten libyschen Autokraten, sprach. Die Libyer befanden
sich unter den etwa 60 Gästen des letzten „DonnersTalks“ in Pappritz und verfolgten gespannt die Ausführungen über die Historie und aktuelle Situation des nordafrikanischen Landes, das sich seit 2011 im
Bürgerkrieg befindet.

Wir kennen die Geschichte des verstörten jungen Libyers nicht, den die Erinnerung bei der Erwähnung Gaddafis einholte. Aber an diesem Abend wird deutlich, wie sehr alle, die von dort nach Deutschland
flohen, vom Krieg und der andauernden Gewalt zwischen den rivalisierenden Kräften verfolgt sind. Der Riss, der an mehreren Fronten durch das Land geht, verschont auch die Menschen nicht, die versuchen,
außerhalb der umkämpften Gebiete ihr Leben weiterzuführen. So gab es infolge der bewaffneten Auseinandersetzungen im vergangenen Jahr nahezu 400.000 Binnenflüchtlinge und zusätzlich 37.000
Flüchtlinge aus anderen Ländern, die sich in Libyen aufhielten. Viele Libyer versuchen, das Land zu verlassen – zumeist junge Männer, die oft den gefährlichen Weg über das Mittelmeer wagen, um vom
sicheren europäischen Boden aus ihren bedrohten Familien den Nachzug zu ermöglichen. So wurde auch das Asylbewerberheim Dresden-Pappritz für derzeit elf Libyer eine vorübergehende neue Heimat, die
damit die größte Gruppe der Pappritzer Flüchtlinge bilden.

Der Referent des DonnersTalks über Libyen, Martin Zickendraht, kennt das Land gut – lebte er doch mehrere Jahre als Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes in Tripolis. Unser mitunter vages Wissen über die
Situation und die Lage der Menschen in diesem Land konnte er durch seinen Vortrag und die anschließende rege Diskussion erweitern und vertiefen. Was 2011 als „Arabischer Frühling“ hoffnungsvoll
begann und von vielen Europäern mit Bewunderung und Überraschung verfolgt wurde, endete in etlichen arabischen Staaten in bisher ungelösten Konflikten oder Krieg. Dem Ruf nach Freiheit und Mitbestimmung
folgte der Sturz von Diktatoren. Die Straßen gefüllt von Menschen, die ihr Leben für den Aufbruch einsetzten. So auch in Libyen. Der autoritäre Gaddafi flieht vor der Macht des Volkes, findet den Tod.

Zurück bleibt ein ölreiches Land zwischen Moderne und Stammesstrukturen, in dem sich ein Machtvakuum auftut – bis heute umkämpft von rivalisierenden Gruppen, Militär und Milizen. Dazwischen der Nationale Übergangsrat der Aufständischen, der wenig erfolgreich die verbliebenen staatlichen Strukturen aufrecht zu erhalten versucht. Und schließlich der Islamische Staat (IS), der von der Küstenstadt Sirte aus versucht, Gewalt und Terror im Land zu verbreiten.

Ein wenig mehr verstehen wir nach diesem Abend, warum viele Libyer in Deutschland Schutz suchen. Wir haben einige von ihnen kennengelernt und von ihrem Land, ihren Nöten erfahren. Wir haben von ihren
landestypischen Speisen gekostet, die die Libyer des Pappritzer Heims für alle Gäste des Abends reichlich gekocht hatten. Auch während des Essens gab es einen regen Austausch zwischen Dresdnern und den
Flüchtlingen – angefangen von Kochrezepten bis hin zur aktuellen politischen Situation.

Diese Art der Begegnung beim vierteljährlichen DonnersTalk im Hochland bringt Menschen verschiedener Kulturen einander näher – im Vortrag und anschließend im persönlichen Gespräch sowie beim
gemeinsamen Essen. Dazu laden wir Sie, liebe „Hochländer“, wieder am 22. September und am 24. November 2016 ein. Lassen Sie uns gemeinsam etwas über Afghanistan und Syrien erfahren, einander
kennen- und verstehen lernen. Lassen Sie sich bei dieser Gelegenheit von traditionell zubereiteten Speisen aus den fernen Ländern verführen.

Uljana Sieber

Infos zum DonnersTalk
Veranstaltungsort:
Hans-und-Sophie-Scholl-Haus
Wachwitzer Höhenweg 10
Dresden-Pappritz
Zeit: 19:00 Uhr
Alle Veranstaltungen sind kostenfrei.
Um Ihre Spende wird gebeten.
Spendenkonto:
Willkommen im Hochland e.V.
KD-Bank LKG Sachsen
IBAN: DE3435 0601 9019 0004 1019
BIC: GENODED1DKD
Spendenzweck: Flüchtlingshilfe
Kooperation: Sächsische Landeszentrale für politische Bildung
Schirmherr: Geert Mackenroth, MdL, Sächsischer Ausländerbeauftragter